6 min read

Warum eFuels und Wasserstoff nur für Populisten und die Autolobby eine Option sind

eFuels und Wasserstoff gelten als Lösungen der Mobilitätswende, doch bei genauer Betrachtung entpuppen sie sich als ineffizient und schwer skalierbar.
Warum eFuels und Wasserstoff nur für Populisten und die Autolobby eine Option sind
Bild von andreas160578 auf Pixabay

Die Diskussion um alternative Kraftstoffe hat in Deutschland seit Jahren eine besondere Dynamik – und ein „Geschmäckle“, wenn man genauer hinschaut. Politische Akteure wie Christian Lindner, selbst passionierter Porsche-Fahrer, betonten lange die Wichtigkeit von eFuels. Gleichzeitig investiert Porsche massiv in deren Entwicklung und bewirbt diese als Zukunftslösung. Zufall oder ein Paradebeispiel erfolgreicher Lobbyarbeit? Lindner, der kürzlich als Finanzminister entlassen wurde, verteidigte in seiner Amtszeit eine Technologie, die die Verbrennungsmotoren seiner bevorzugten Marke erhalten sollte – eine kaum übersehbare Interessenverflechtung. Ein anderer prominenter Akteur ist der bayerische Landespolitiker Hubert Aiwanger, der Wasserstoff als Heilsbringer anpreist. Dabei wird gerne vergessen, dass die von BMW entwickelten Wasserstoff-SUVs exorbitant teuer sind und selbst im Luxussegment kaum Chancen haben, die breitere Mobilitätswende zu beflügeln.

Die Automobilindustrie steht dabei exemplarisch für eine verfehlte Strategie. Statt Deutschland zum Spitzenland der Elektromobilität zu machen und an bezahlbaren Elektrofahrzeugen sowie innovativen Mobilitätskonzepten zu arbeiten, hat man sich jahrelang darauf konzentriert, den Status quo zu verteidigen und das Unvermeidliche zu verzögern. Elon Musk hat mit Tesla als Pionier massentauglicher Elektromobilität demonstriert, wie Fortschritt aussehen kann. Gleichzeitig zieht China dank staatlicher Subventionen mit technisch beeindruckenden und erschwinglichen Modellen vorbei. Viel zu langsam reagieren die deutschen Automobilkonzerne, und es ist offensichtlich, dass nicht alle Entscheider in der Branche die Zeichen der Zeit erkannt haben. Wer die Staire „Der kleine Machiavelli“ von Hans Rudolf Bachmann und Peter Noll kennt, wird unweigerlich an das „Gesetz der 50-Jährigen“ erinnert: Dieses beschreibt die Tendenz, dass Personen in Machtpositionen oft dazu neigen, bestehende Strukturen zu bewahren, anstatt notwendige Innovationen voranzutreiben.

Um die Argumente zu bewerten, schauen wir uns an, was eFuels und Wasserstoff überhaupt sind, welche Probleme sie mit sich bringen und warum sie keine skalierbare Option für eine nachhaltige Mobilitätswende darstellen.

Was sind eFuels und Wasserstoff?

eFuels

eFuels, kurz für synthetische Elektrokraftstoffe, sind künstlich hergestellte Energieträger, die durch die chemische Verbindung von Wasserstoff und Kohlendioxid (CO2) entstehen. Der Wasserstoff wird dabei idealerweise durch Elektrolyse erzeugt, ein Prozess, der Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Dieser Schritt erfordert jedoch große Mengen an elektrischer Energie, die bestenfalls aus erneuerbaren Quellen wie Wind oder Sonne stammt. Das Kohlendioxid wird entweder direkt aus der Luft oder aus industriellen Abgasen gewonnen, um eine klimaneutrale Bilanz zu gewährleisten. Die Produktion von eFuels umfasst mehrere energieintensive Zwischenschritte, darunter die Synthese des Wasserstoffs und die Umwandlung in Kohlenwasserstoffe wie Methan oder flüssige Kraftstoffe (z. B. synthetisches Benzin oder Diesel).

Ein wesentlicher Vorteil von eFuels liegt in ihrer Kompatibilität mit bestehenden Verbrennungsmotoren und der vorhandenen Infrastruktur für Kraftstoffe wie Tankstellen. Fahrzeuge, die heute mit Benzin oder Diesel betrieben werden, könnten theoretisch auch mit eFuels fahren, ohne größere technische Anpassungen vornehmen zu müssen. Dies macht eFuels vor allem für Branchen wie die Luftfahrt oder den Schiffsverkehr interessant, wo batterieelektrische Antriebe oft keine praktikable Alternative darstellen.

Allerdings sind die Hürden enorm: Der Wirkungsgrad über den gesamten Produktions- und Nutzungsprozess hinweg ist mit etwa 10-15 % äußerst gering. Für die Herstellung von eFuels werden bis zu fünfmal mehr erneuerbare Energie benötigt, als wenn dieselbe Energie direkt in Elektrofahrzeugen genutzt würde. Darüber hinaus erfordert die Skalierung der Produktion enorme Investitionen in neue Anlagen und eine drastische Erhöhung der Kapazitäten erneuerbarer Energiequellen. Kritiker argumentieren, dass diese Ressourcen wesentlich effizienter in den Ausbau der Elektromobilität und die direkte Elektrifizierung von Verkehr und Industrie investiert werden könnten.

Wasserstoff

Wasserstoff ist das kleinste und leichteste chemische Element und ein vielseitiger Energieträger, der in verschiedenen Formen genutzt werden kann. Dabei unterscheidet man zwischen:

  • Grünem Wasserstoff: Er wird durch Elektrolyse gewonnen, bei der Wasser mit Hilfe von Strom aus erneuerbaren Energien in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten wird. Dieser Wasserstoff gilt als klimaneutral, da keine fossilen Brennstoffe eingesetzt werden. Laut Schätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA) benötigt die Herstellung von einem Kilogramm grünem Wasserstoff rund 50 kWh Strom – ausreichend, um ein Elektroauto für etwa 300 Kilometer Reichweite zu laden.
  • Blauem Wasserstoff: Dieser wird aus Erdgas hergestellt, wobei das dabei entstehende CO2 abgeschieden und gespeichert wird (Carbon Capture and Storage, CCS). Während diese Technologie CO2-Emissionen reduziert, bleibt sie von fossilen Brennstoffen abhängig und ist umstritten, da die Langzeitlagerung von CO2 technisch und wirtschaftlich problematisch ist.
  • Grauem Wasserstoff: Der Großteil des heute produzierten Wasserstoffs gehört zu dieser Kategorie. Er wird aus Erdgas gewonnen, ohne dass CO2 abgeschieden wird. Dabei entstehen pro Kilogramm Wasserstoff etwa 10 Kilogramm CO2 – ein erheblicher Klima-Nachteil.
Skalierbarkeit und Infrastruktur

Die Skalierbarkeit der Wasserstoffproduktion stellt ein großes Hindernis dar. Der Aufbau der notwendigen Infrastruktur für Elektrolyseure, Transport und Speicherung erfordert nicht nur gewaltige Investitionen, sondern auch Jahrzehnte der Planung und Umsetzung. Um grünen Wasserstoff massentauglich zu machen, wären immense Mengen an erneuerbarem Strom und international koordinierte Strategien notwendig. Derzeit existieren weltweit nur wenige großtechnische Anlagen für die Wasserstoffelektrolyse, und die globale Produktion deckt bislang fast ausschließlich Nischenanwendungen.

Ein weiteres Hindernis ist die Speicherung und der Transport von Wasserstoff. Das Gas muss entweder bei extrem niedrigen Temperaturen (-253 °C) oder unter hohem Druck (200 bis 700 bar) gelagert werden, was die Kosten weiter in die Höhe treibt. Pipelines oder spezielle Tankschiffe sind technisch machbar, aber wirtschaftlich nur bei sehr großen Mengen rentabel.

Forschung: Wasserstoffproduktion mit Algen und Bakterien

Ein vielversprechender Ansatz in der Forschung ist die biologische Wasserstoffproduktion. Hierbei nutzen Wissenschaftler Mikroorganismen wie Cyanobakterien oder Grünalgen, die unter bestimmten Bedingungen Wasserstoff erzeugen können. Diese Organismen setzen während der Photosynthese Wasserstoff frei, wenn sie beispielsweise unter Sauerstoffmangelbedingungen gehalten werden. Obwohl diese Technologien noch in einem frühen Entwicklungsstadium sind und derzeit nicht skalierbar, könnten sie langfristig eine nachhaltige Ergänzung darstellen. Insbesondere in Kombination mit Abwasserreinigung oder industriellen Prozessen könnten solche biologischen Systeme in Zukunft effizienter und ressourcenschonender sein.

Die Probleme mit eFuels und Wasserstoff

1. Energieineffizienz

Ein Hauptkritikpunkt an eFuels und Wasserstoff ist der extrem niedrige Wirkungsgrad. Während bei der Elektromobilität etwa 70-80 % der eingesetzten Energie in Antriebsenergie umgesetzt werden, liegt der Wirkungsgrad bei eFuels bei gerade einmal 10-15 %. Wasserstoff fällt mit einem Wirkungsgrad von rund 25-30 % etwas besser aus, bleibt aber weit hinter Batterielösungen zurück. Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ist der Energieverlust bei der Herstellung und Nutzung von eFuels so erheblich, dass ihr Einsatz im Straßenverkehr kaum zu rechtfertigen ist.

2. Hoher Ressourcenbedarf und Skalierbarkeit

Die Herstellung von eFuels und grünem Wasserstoff erfordert immense Mengen an erneuerbarem Strom, was die Skalierbarkeit dieser Technologien stark einschränkt. Um allein den Bedarf für eine nennenswerte Produktion zu decken, müssten enorme zusätzliche Kapazitäten an Wind- und Solarenergie geschaffen werden. Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts würde der für grünen Wasserstoff benötigte Strom den aktuellen Verbrauch Deutschlands leicht übersteigen. Diese Herausforderung verdeutlicht, dass eine großflächige Umsetzung dieser Technologien ohne massive Investitionen und internationale Kooperationen kaum realisierbar ist. Um allein den aktuellen Kraftstoffbedarf in Deutschland durch eFuels zu decken, wären rund 1.700 Terawattstunden Strom nötig – mehr als der gesamte heutige Stromverbrauch Deutschlands. Selbst mit einem massiven Ausbau erneuerbarer Energien wäre es kaum möglich, diese zusätzlichen Mengen zu generieren. Zudem müssten Produktionsanlagen in gigantischem Maßstab gebaut werden, was wiederum enorme Investitionen und Zeit erfordert. Diese infrastrukturellen Herausforderungen machen eine breite Skalierung kurzfristig unrealistisch.

3. Kostenintensive Produktion

Die Herstellungskosten von eFuels und grünem Wasserstoff sind derzeit so hoch, dass sie auf absehbare Zeit keine wirtschaftlich konkurrenzfähige Alternative darstellen. Während fossile Kraftstoffe aktuell rund 1 Euro pro Liter kosten, bewegen sich die Kosten für eFuels zwischen 4 und 6 Euro pro Liter. Selbst mit zunehmender Effizienz in der Produktion wird ein Wettbewerb mit Batteriefahrzeugen kaum möglich sein. Ein Report der Internationalen Energieagentur (IEA) zeigt, dass grüne Wasserstoffproduktion ohne erhebliche Subventionen nicht rentabel ist.

4. Industrieinteressen und Verzögerungstaktik

Die Automobilindustrie hat ein starkes Interesse daran, bestehende Verbrennungstechnologien zu erhalten, da diese jahrzehntelange Investitionen sichern. Porsche etwa investiert massiv in eFuels und bewirbt sie als Möglichkeit, bestehende Fahrzeugflotten klimaneutral zu machen. Kritiker wie die Deutsche Umwelthilfe werfen diesen Unternehmen jedoch vor, die Elektromobilität aktiv zu bremsen, um kurzfristige Gewinne zu sichern.

5. Mangelnde Infrastruktur

Die Infrastruktur für Wasserstoff und eFuels ist nahezu nicht existent. Deutschland verfügt derzeit über weniger als 100 Wasserstofftankstellen, die in erster Linie für Test- und Pilotprojekte genutzt werden. Zum Vergleich: In den USA, einem Land mit größerem Wasserstoffinteresse, sind es knapp 60. Die für eine breite Nutzung notwendige Pipeline-Infrastruktur ist praktisch nicht vorhanden, und der Transport per Lkw oder Tankschiff ist wegen der hohen Kosten und der technischen Komplexität nur in begrenztem Umfang realisierbar. Experten schätzen, dass allein der Aufbau eines flächendeckenden Wasserstoffnetzwerks in Deutschland Investitionen in Höhe von mehreren Milliarden Euro erfordern würde – ein Unterfangen, das Jahrzehnte in Anspruch nehmen könnte. Der Aufbau eines flächendeckenden Netzes wäre nicht nur teuer, sondern auch zeitintensiv. Dies steht im Widerspruch zur Dringlichkeit, mit der die Klimakrise bewältigt werden muss. In Deutschland gibt es derzeit nur etwa 100 Wasserstofftankstellen – eine Zahl, die für eine breite Nutzung bei weitem nicht ausreicht.

6. Klimapolitische Ablenkung

Die Fokussierung auf eFuels und Wasserstoff lenkt von den dringend notwendigen Investitionen in Elektromobilität und den Ausbau erneuerbarer Energien ab. Um eine realistische Skalierung zu erreichen, wären umfangreiche Investitionen in verschiedene Bereiche erforderlich: Der massive Ausbau erneuerbarer Energiequellen, der Aufbau von Produktionskapazitäten für grünen Wasserstoff sowie die Entwicklung einer flächendeckenden Transport- und Speicherinfrastruktur. Experten schätzen, dass allein der Ausbau der Elektrolysekapazitäten in Europa bis 2030 rund 320 Milliarden Euro kosten würde. Diese Mittel könnten effizienter eingesetzt werden, um die direkte Elektrifizierung des Verkehrs und der Industrie voranzutreiben. Experten warnen, dass die ständige Betonung von eFuels als Lösung eher eine Verzögerungstaktik darstellt, die letztlich dem Klima schadet. Dr. Patrick Graichen, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, betonte: "Wir können es uns nicht leisten, auf ineffiziente Technologien zu setzen, wenn die Klimaziele 2030 realistisch erreichbar sein sollen."

eFuels und Wasserstoff sind keine realistische Option

Die Argumente für eFuels und Wasserstoff erscheinen bei genauer Betrachtung wenig überzeugend. Hohe Kosten, geringe Energieeffizienz, der enorme Ressourcenbedarf und die mangelnde Skalierbarkeit machen diese Technologien für den Straßenverkehr unattraktiv. Während sie in speziellen Bereichen wie der Luftfahrt oder der Industrie eine Nischenrolle spielen könnten, sind sie keine Alternative zur Elektromobilität. Stattdessen dienen sie häufig als politische und wirtschaftliche Feigenblätter, die den überfälligen Wandel hin zu nachhaltigen Technologien verzögern.

Die Zukunft liegt in einer Kombination aus Elektromobilität, einem massiven Ausbau erneuerbarer Energien und der Verbesserung von Infrastruktur und Speichertechnologien. Alles andere ist Augenwischerei – und ein teures Spiel auf Zeit, das die Klimaziele immer weiter außer Reichweite rückt. Statt ineffiziente Technologien zu subventionieren, sollten die verfügbaren Ressourcen in die direkte Elektrifizierung, den Ausbau erneuerbarer Energien und die Entwicklung intelligenter Mobilitätslösungen fließen, um eine nachhaltige Zukunft aktiv zu gestalten.