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Vertrauensverlust zerstört Demokratie

Deutschland vor der Wahl 2025: Krise, Spaltung, politische Orientierungslosigkeit. Die Ampel gescheitert, die CDU laviert, die FDP zerlegt sich, während AfD & BSW von der Unsicherheit profitieren. Jetzt braucht es einen demokratischen Pakt statt Selbstblockade – sonst gewinnen die Populisten.
Vertrauensverlust zerstört Demokratie
Foto von Ingo Joseph auf Pexels

Warum unser politisches Fundament ins Wanken gerät

Demokratie lebt vom Vertrauen. Vertrauen in Institutionen, in die Gewaltenteilung, in die Integrität der Politik – und nicht zuletzt in das Gefühl, dass der eigene Wille in einer Gesellschaft zählt. Doch dieses Fundament zeigt zunehmend Risse. Skandale, Polarisierung und eine wachsende Kluft zwischen Bürgern und Entscheidern untergraben das Vertrauen, das für eine funktionierende Demokratie unerlässlich ist.

Die Folgen sind gravierend: Wenn Bürger nicht mehr daran glauben, dass Politik in ihrem Interesse handelt, wenden sie sich ab – oder radikalisieren sich. Verschwörungstheorien, Wahlenthaltung und populistische Strömungen gedeihen in diesem Klima des Misstrauens. Doch wie konnte es so weit kommen? Und vor allem: Wie lässt sich das Vertrauen in demokratische Strukturen wiederherstellen?

Ein Blick auf Ursachen, Konsequenzen und mögliche Wege aus der Krise.

Das Ende der Ampelkoalition: Ein Desaster mit Ansage

Ende 2024 zerbrach die Ampelkoalition endgültig – ein Scheitern, das sich über Monate abgezeichnet hatte. Was als ambitioniertes Bündnis aus SPD, Grünen und FDP begann, endete im politischen Stillstand, begleitet von wachsendem Misstrauen in der Bevölkerung. Die Gründe dafür sind vielfältig: Dauerstreit über Haushaltsfragen, eine zerfaserte Energiepolitik, ein verloren gegangenes Gefühl für wirtschaftliche Realitäten und eine SPD, die zwischen grünen Forderungen und liberalen Wirtschaftsinteressen zerrieben wurde. Als der Verfassungsgerichtshof den Haushalt kippte und die Koalition sich nicht auf eine tragfähige Neuaufstellung einigen konnte, war das politische Ende besiegelt.

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Die Folgen? Ein massiver Vertrauensverlust in die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung. Die Wähler quittierten das Chaos mit Abwendung, während sich die politische Landschaft weiter polarisierte. Der bevorstehende Bundestagswahlkampf 2025 verspricht eine der turbulentesten Auseinandersetzungen der deutschen Nachkriegsgeschichte zu werden. Während die Union mit einer Mischung aus konservativer Stabilitätsrhetorik und wirtschaftspolitischer Erneuerung punkten will, setzen AfD und BSW auf Protest und das Gefühl, dass die „Altparteien“ versagt haben. Die Grünen kämpfen gegen einen Absturz in die Bedeutungslosigkeit, die SPD versucht sich als Sozialpartei neu zu erfinden, und die FDP? Sie steht vor der Frage, ob sie sich überhaupt noch als eigenständige Kraft behaupten kann.

Deutschland steuert auf eine Wahl zu, in der nicht nur über Programme entschieden wird, sondern über die Zukunft der parlamentarischen Demokratie selbst. Die Frage ist nicht nur, wer regiert – sondern ob eine neue Regierung überhaupt noch das Vertrauen der Bürger zurückgewinnen kann.

Die Union zwischen Selbstüberschätzung und Angst vor dem Rechtsruck

Die CDU geht mit Friedrich Merz als Kanzlerkandidaten in den Bundestagswahlkampf 2025 – eine Entscheidung, die ebenso folgerichtig wie riskant ist. Seit Jahren stilisiert sich Merz als bürgerlich-konservative Alternative zum „Linksruck“ der Ampel, doch seine Wankelmütigkeit zwischen wirtschaftsliberalen Parolen, populistischen Ausfällen und anbiedernden Manövern gegenüber der AfD lässt viele Wähler ratlos zurück. Er präsentiert sich als Macher, doch seine inhaltliche Klarheit bleibt oft vage. Sein Hauptversprechen: Stabilität nach dem Chaos der Ampel. Doch ob diese Botschaft ausreicht, ist fraglich – zumal Merz immer wieder durch polarisierende Aussagen auffällt, die den Eindruck erwecken, er sei mehr an Kulturkämpfen als an pragmatischer Regierungsarbeit interessiert.

Noch schwieriger ist die Lage der CSU unter Markus Söder. Der bayerische Ministerpräsident laviert zwischen konservativer Härte und dem Versuch, sich als staatstragend zu inszenieren. Seine ewige Ambition auf die Kanzlerkandidatur wurde von der CDU erneut ignoriert, was in München für Verstimmung sorgte. Die CSU versucht, sich als letzte Bastion gegen einen AfD-Triumph in Bayern zu positionieren, doch ihre eigene Glaubwürdigkeit leidet unter jahrelangem populistischen Zickzack-Kurs. Söder, einst als „Windfähnchen der Republik“ verspottet, zeigt sich im Wahlkampf entsprechend unberechenbar: Mal warnt er vor einer „Rechtsverschiebung“, mal biedert er sich bei konservativen Protestwählern an.

Das Dilemma der Union ist offensichtlich: Während sie sich als Stabilitätsanker inszeniert, kämpft sie gegen ein Glaubwürdigkeitsproblem. Die AfD ist stark, die FDP taumelt, und die CDU/CSU kann sich nicht entscheiden, ob sie den rechten Rand bekämpfen oder umwerben soll. Merz bleibt ein Kanzlerkandidat, der sich nach rechts öffnen will, aber gleichzeitig als seriöse Führungspersönlichkeit erscheinen muss. Ob er diesen Spagat durchhält oder daran zerbricht, wird die Bundestagswahl 2025 entscheiden.

Ein Kanzlerkandidat ohne Regierungserfahrung – und ohne Plan für den Tag danach

Friedrich Merz führt die CDU mit großem Selbstbewusstsein in den Wahlkampf 2025 – doch seine Achillesferse bleibt offensichtlich: Er hat keinerlei Regierungserfahrung. In einer Zeit, in der Deutschland vor multiplen Krisen steht, könnte sich das als fatales Manko erweisen. Als Oppositionsführer war er lautstark, doch ob er als Krisenmanager taugt, ist ungewiss. Seine bisherige politische Laufbahn bestand aus wirtschaftsliberalen Positionen, populistischen Schlagzeilen und einem ständigen Schlingerkurs zwischen Abgrenzung und Anbiederung an den rechten Rand.

Foto: CDU / Tobias Koch

Noch problematischer ist seine Wahlkampftaktik. Merz attackiert die FDP – einen potenziellen Koalitionspartner – scharf, obwohl die Liberalen ohnehin schwer angeschlagen sind und kaum mehr als Mehrheitsbeschaffer in Frage kommen. Er zeigt mit dem Finger auf SPD und Grüne, anstatt sich Spielräume für mögliche Verhandlungen offenzuhalten. Gleichzeitig flirtet er immer wieder mit AfD-Wählern, indem er Narrative der Rechten übernimmt, ohne sich wirklich von der Partei abzugrenzen. Das Dilemma: Sollte er die Wahl gewinnen, hat er mit seinen Angriffen fast alle potenziellen Partner bereits verschreckt. Eine Koalition mit den Grünen oder der SPD erscheint nach diesem Wahlkampf schwierig, die FDP ist zu geschwächt, um als alleiniger Mehrheitsbringer zu dienen (wenn sie denn überhaupt erneut in den Bundestag einzieht), und mit der AfD hat Merz – zumindest zuletzt verbal – eine Zusammenarbeit ausgeschlossen.

Damit steuert die Union, sollte sie stärkste Kraft werden, auf eine äußerst schwierige Regierungsbildung zu. Entweder bleibt Merz nur die Option, sein Wort zu brechen und mit der AfD zu kooperieren, oder er findet sich in einer instabilen Koalition wieder, die von Beginn das Potenzial zum Scheitern in sich birgt - erneut. Sein Wahlkampf mag kurzfristig funktionieren, doch die strategische Kurzsichtigkeit könnte ihn nach der Wahl einholen. Wer lautstark Wahlen gewinnen will, sollte sich auch Gedanken machen, wie er danach regieren kann – bei Merz bleibt genau diese Frage offen.

Die SPD: Inhaltsleer, getrieben und auf Talfahrt – Ein Wahlkampf ohne Richtung

Nach dem Bruch der Ampelkoalition Ende 2024 steckt die SPD in der schwersten Krise ihrer jüngeren Geschichte. Statt als führende Regierungspartei mit klarer Linie und einem überzeugenden Zukunftsprogramm in den Wahlkampf 2025 zu ziehen, taumelt sie durch eine Gemengelage aus innerer Orientierungslosigkeit, miserablen Umfragewerten und einer zunehmend verzweifelt wirkenden Strategie des politischen Fingerzeigens.

Die Bilanz der Ampel unter Kanzler Olaf Scholz ist eine Geschichte verpasster Gelegenheiten und verlorenen Vertrauens. In der Sozialpolitik blieb die SPD weit hinter ihren Versprechen zurück, in der Finanz- und Wirtschaftspolitik ließ sie sich von der FDP vorführen, und in der Migrationspolitik wurde sie von der Union in die Defensive gedrängt. Statt die eigene Handschrift erkennbar zu machen, ließ sie sich von Koalitionspartnern treiben – bis das Kartenhaus schließlich zusammenbrach.

Nun kämpft die SPD um Schadensbegrenzung, doch ihr Wahlkampf ist mehr eine Abwehrschlacht als eine überzeugende Kampagne. Die Partei versucht, sich als letzte Bastion gegen einen Rechtsruck zu inszenieren, bleibt dabei aber inhaltsleer. Ihr Wahlprogramm ist ein Sammelsurium aus altbekannten Forderungen nach mehr sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Stabilität – doch es fehlt an neuen, durchdachten Konzepten, die eine glaubwürdige Antwort auf die Herausforderungen der Zeit bieten.

Ein Kanzler ohne Wucht

Olaf Scholz tritt erneut als Kanzlerkandidat an, doch sein Wahlkampf gleicht einer Pflichtübung. Wo er 2021 noch mit staatsmännischer Ruhe punkten konnte, wirkt er nun kraftlos, abgehoben und uninspiriert. Sein Kommunikationsstil – geprägt von demonstrativem Schweigen und ausweichenden Antworten – wird längst nicht mehr als Besonnenheit gewertet, sondern als Arroganz. Während Friedrich Merz zumindest als entschlossener Kämpfer auftritt, erweckt Scholz den Eindruck, als müsse er die Kandidatur über sich ergehen lassen.

Foto: Bundesregierung/Guido Bergmann

Besonders fatal: In den eigenen Reihen hatte es Stimmen gegeben, die lieber Verteidigungsminister Boris Pistorius als Kanzlerkandidaten gesehen hätten – ein deutliches Zeichen dafür, dass Scholz' Rückhalt selbst innerhalb der SPD bröckelt. Doch Pistorius lehnte ab, womit die Partei nun mit einem Kanzler ins Rennen geht, der zwar Amtsinhaber ist, aber kaum noch als Zugpferd taugt.

Angriff aus der Defensive

Da es an überzeugenden Inhalten mangelt, setzt die SPD auf eine einfache Strategie: Attacken auf die Union und insbesondere Friedrich Merz. Besonders auffällig sind die scharfen Angriffe von SPD-Chefin Saskia Esken, die Merz als „Praktikanten fürs Kanzleramt“ verhöhnte – eine Spitze, die mehr über die eigene Unsicherheit als über Merz’ Eignung aussagt. Auch die ständigen Warnungen vor einem drohenden „Rechtsruck“ erscheinen zunehmend als verzweifelte Ablenkungsmanöver von der eigenen Erfolglosigkeit.

Doch die SPD läuft Gefahr, sich mit dieser Strategie selbst in eine Sackgasse zu manövrieren. Einerseits distanziert sie sich vehement von der Union, andererseits bleibt nach der Wahl kaum eine realistische Koalitionsoption übrig. Die FDP ist durch den Ampel-Bruch ohnehin beschädigt und dürfte sich kaum erneut als Mehrheitsbeschaffer andienen, die Grünen stecken selbst in der Krise, und die Linke – oder das, was von ihr übrig ist – ist keine echte Alternative. Bleibt nur noch die große Koalition mit der Union, die Scholz’ Glaubwürdigkeit endgültig zerstören würde.

Ein Wahlkampf gegen die Zeit

Die SPD kämpft also nicht nur gegen schlechte Umfragewerte, sondern gegen das eigene Versagen der letzten Jahre. Die Wähler haben das Gefühl, dass diese Partei nicht mehr führt, sondern nur noch verwaltet – und das ist in einer Zeit großer Unsicherheit ein tödliches Manko. Während die Union mit all ihren Fehlern zumindest eine Richtung vorgibt, bleibt die SPD ein politisches Schattengespinst ohne Kontur.

Ob sie diesen Wahlkampf drehen kann, ist ungewiss. Doch eines ist klar: Sollte Scholz 2025 erneut Kanzler werden, dann nicht, weil die SPD überzeugt, sondern weil die Alternativen noch weniger Vertrauen genießen. Ein schlechtes Omen für die nächste Legislaturperiode – und für die Demokratie insgesamt.

Die Grünen: Zwischen Realität und Wunschdenken

Nach dem Bruch der Ampelkoalition Ende 2024 stehen die Grünen vor einem Scherbenhaufen. Als ursprünglich selbstbewusst gestartete Kraft, die den Anspruch hatte, Deutschland ökologisch und gesellschaftspolitisch neu zu prägen, endete die Regierungszeit für sie in einer Mischung aus Vertrauensverlust, Realitätsverweigerung und einem katastrophalen Absturz in den Umfragen. Einst als progressive Kraft gefeiert, wirken die Grünen heute vor allem abgehoben, ideologisch erstarrt und politisch gescheitert.

Während ihrer Zeit in der Ampel verprellten sie mit ihrer Politik fast jeden Wählerblock: Ökologische Hardliner warfen ihnen Kompromissbereitschaft vor, während wirtschaftsliberale Kräfte die grüne Politik als innovationsfeindlich und realitätsfern empfanden. Der Heizungs-Hammer von Robert Habeck, das Missmanagement in der Energiepolitik, die ausufernden Kosten für den klimaneutralen Umbau der Wirtschaft und die fehlende soziale Abfederung haben die Grünen als Partei des elitären Besserwissertums gebrandmarkt. Statt ökologische Transformation mit Augenmaß zu betreiben, schufen sie Unsicherheit, Wut und letztlich massiven Widerstand.

Vom Hoffnungsträger zum Belastungsfaktor

Besonders Robert Habeck, einst der Strahlemann der Partei, hat einen spektakulären Absturz hingelegt. Als Wirtschaftsminister startete er mit dem Ruf, ein pragmatischer Macher zu sein, doch spätestens mit dem gescheiterten Heizungsgesetz offenbarte sich seine fehlende Regierungsfähigkeit. Seine Politik war ein Lehrstück darin, wie man große Ideen mit schlechter Kommunikation und planlosem Aktionismus an die Wand fahren kann. Habecks ewiger Versuch, die Balance zwischen kompromisslosem Klimaschutz und wirtschaftlicher Verträglichkeit zu finden, endete darin, dass er von beiden Seiten abgestraft wurde.

Foto: © Dominik Butzmann / BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Besonders fatal war sein Umgang mit der Wirtschaftspolitik. Unternehmen beklagten sich über mangelnde Planungssicherheit, Handwerker liefen Sturm gegen nicht durchdachte Vorgaben, und Mittelständler fürchteten um ihre Existenz. Die Energiepolitik der Grünen war geprägt von Wunschdenken, während die Realität – ob explodierende Strompreise oder schleppende Infrastrukturprojekte – ignoriert wurde. Habeck mag sich selbst als intellektuell überlegenen Vordenker sehen, doch seine Regierungspraxis zeigte vor allem eins: mangelnde Bodenhaftung.

Moralismus statt Lösungen

Nach dem Ampel-Desaster gehen die Grünen mit einer tief gespaltenen Wählerschaft in den Wahlkampf 2025. Einst als Partei der Zukunft gefeiert, stehen sie nun vor einem Mobilisierungsproblem. Viele Wähler haben sich enttäuscht abgewendet, weil sie feststellen mussten, dass ambitionierte Klimaziele ohne soziale und wirtschaftliche Verträglichkeit nicht mehrheitsfähig sind. Gleichzeitig verlieren die Grünen durch die aufgeheizte Debatte über Migration und innere Sicherheit Stimmen an die Union und die AfD.

Ihre Wahlkampfstrategie ist bislang wenig erfolgversprechend: Statt aus Fehlern zu lernen, setzt die Partei weiterhin auf eine Mischung aus Moralisierung und Verteidigung der eigenen Bilanz. Statt Lösungen anzubieten, versucht sie, die öffentliche Debatte mit Warnungen vor der Klimakrise und der „rechten Gefahr“ zu dominieren. Doch nach vier Jahren Ampel lassen sich Wähler kaum noch mit moralischer Überlegenheit beeindrucken – sie wollen greifbare Lösungen, nicht weitere Belehrungen.

Die Grünen nach der Wahl: Ein Auslaufmodell?

Während die SPD trotz ihrer Schwäche zumindest noch den Kanzler stellt und die Union sich als politische Alternative anbietet, droht den Grünen ein Bedeutungsverlust. Ihr Nimbus als Kraft des Aufbruchs ist zerstört, ihr Image als Wirtschafts- und Wohlstandsgefährder verfestigt. Sollte die nächste Regierung ohne grüne Beteiligung zustande kommen, droht ihnen ein Absturz in die politische Bedeutungslosigkeit – vor allem, wenn die Union ohne sie Klimapolitik mit realistischeren Ansätzen betreibt.

Die Grünen haben es sich in ihrer Komfortzone zu lange gemütlich gemacht: Sie haben regiert, als ob politische Realität nur eine lästige Randerscheinung sei, und ignoriert, dass man Mehrheiten nicht mit moralischer Überlegenheit gewinnt, sondern mit pragmatischen Lösungen. Ob sie daraus lernen, bleibt fraglich – doch eins ist sicher: Die Bundestagswahl 2025 wird für die Grünen zur Zerreißprobe.

Die FDP: Zerstörerische Eigenprofilierung statt verantwortungsvoller Regierungsführung

Als die FDP 2021 in die Ampelkoalition eintrat, inszenierte sie sich als modernisierende Kraft, als Partei der Marktwirtschaft und der technologischen Offenheit. Vier Jahre später bleibt davon kaum etwas übrig – außer verbrannter Erde und einer Partei, die durch ihre eigene Strategie demontiert wurde. Statt als verlässlicher Regierungspartner zu agieren, führte sich die FDP in der Ampel auf wie eine innere Opposition, die das Bündnis systematisch untergrub. Das Ergebnis: eine geplatzte Koalition, ein massiver Vertrauensverlust und eine Partei, die vor den Bundestagswahlen 2025 mit dem Rücken zur Wand steht.

Ein Störfeuer in der eigenen Regierung – Lindners destruktive Agenda

Die FDP war von Anfang an der Bremsklotz der Ampel. Ob Steuerpolitik, Sozialstaat oder Umweltfragen – immer wieder blockierte sie zentrale Vorhaben der Koalition oder verwässerte sie bis zur Unkenntlichkeit. In Finanzminister Christian Lindner hatte sie dabei einen Parteichef, der das Amt als sein persönliches Machtinstrument verstand. Statt als Moderator zwischen den wirtschaftsliberalen und sozialstaatlichen Flügeln der Koalition zu agieren, trat Lindner als Saboteur auf, der sich offen gegen SPD und Grüne stellte.

Foto: FDP / © Laurence Chaperon

Besonders fatal war seine Politik in der Finanz- und Wirtschaftspolitik. Unter dem Vorwand „solider Haushaltsführung“ verhinderte Lindner Investitionen in Infrastruktur und Digitalisierung, gleichzeitig führte er milliardenschwere Steuersenkungen für Unternehmen ein. Der Schuldenbremse wurde eine quasi-religiöse Bedeutung zugeschrieben, während sich Wirtschaft und Mittelstand über ausbleibende Zukunftsstrategien beklagten. Besonders verheerend war der Haushaltsskandal Ende 2024, bei dem das Bundesverfassungsgericht Teile des Haushalts kippte und damit das völlige Scheitern der Ampel offenbarte. Statt Verantwortung zu übernehmen, nutzte Lindner die Krise für seine eigene Agenda – und versuchte, sich als Kämpfer gegen den angeblich ungebremsten „Ampel-Staatsausbau“ zu inszenieren.

Doch nicht nur in der Finanzpolitik war Lindner eine destruktive Kraft. Auch auf gesellschaftspolitischer Ebene gab sich die FDP zunehmend opportunistisch. Wo sie einst als Partei der Bürgerrechte galt, mutierte sie zum Stichwortgeber für migrationskritische Narrative und rechtspopulistische Rhetorik. Immer wieder testete Lindner, wie weit er die FDP in eine konservative Richtung treiben konnte, ohne dabei die eigene Mitte völlig zu verlieren.

Ein Koalitionsbruch mit Anlauf – die geplante Sabotage der Ampel

Dass die Ampelkoalition Ende 2024 scheiterte, war längst kein Zufall. Wochen vor dem Bruch sickerten Berichte durch, dass die FDP intern gezielt auf eine Beendigung des Bündnisses hinarbeitete. Ein internes Papier, das in Medien als „D-Day-Strategie“ bekannt wurde, zeigte detailliert, wie die Partei die Regierungskoalition in eine Sackgasse treiben wollte, um sich selbst als „Widerstandspartei gegen den Linkstrend“ neu zu positionieren. Lindner setzte bewusst auf Blockade, Torpedierung gemeinsamer Projekte und medienwirksame Distanzierung von SPD und Grünen.

Der Höhepunkt dieser Taktik war die Eskalation im Haushaltsstreit. Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts verhinderte Lindner aktiv eine Kompromisslösung und führte stattdessen eine gezielte Kampagne gegen die Regierung, der er selbst angehörte. Das war kein Akt politischen Pragmatismus – das war Kalkül. Die FDP wollte die Koalition sprengen, um sich selbst als Opfer zu inszenieren. Dass sie dabei das Land in eine politische Krise stürzte, schien ihr egal zu sein.

Lindner und der politische Anstand

In der Geschichte der Bundesrepublik gab es immer wieder schwierige Regierungsbündnisse, doch die FDP hat in der Ampel neue Maßstäbe in Sachen Illoyalität gesetzt. Nie zuvor hat eine Regierungspartei derart aktiv gegen ihr eigenes Bündnis gearbeitet, nur um sich selbst zu retten. Dieses Verhalten zeugt nicht nur von strategischer Kaltblütigkeit, sondern auch von einer tiefgehenden Missachtung politischer Verantwortung.

Lindner selbst präsentiert sich in der aktuellen Wahlkampfphase als Stimme der Vernunft und Stabilität – ein fast zynischer Versuch, die eigene Rolle im Chaos der letzten Jahre auszublenden. Er gibt sich als Kämpfer gegen „linke Bevormundung“, doch die Realität ist: Sein größter politischer Kampf galt nicht den Grünen oder der SPD, sondern der eigenen Glaubwürdigkeit.

Ob die FDP für diesen opportunistischen Kurs von den Wählern belohnt oder abgestraft wird, ist offen. Sicher ist jedoch: Lindners Strategie hat das Vertrauen in seine Partei nachhaltig beschädigt. Die FDP steht vor einer existenziellen Krise – eine, die sie sich größtenteils selbst zuzuschreiben hat.

Die Linke: Eine Partei in der politischen Bedeutungslosigkeit – Zerstritten, orientierungslos und überflüssig?

Die Bundestagswahl 2025 könnte für Die Linke das Ende ihrer bundespolitischen Relevanz markieren. Nach Jahren des internen Zerfalls, dem dramatischen Bruch mit Sahra Wagenknecht und einer zunehmend inhaltsleeren Strategie kämpft die Partei nicht mehr um Gestaltungsmacht, sondern ums Überleben. Einst als sozialistische Alternative zur SPD positioniert, wirkt Die Linke heute nur noch wie eine Partei, die von der politischen Realität überholt wurde. Ihre Regierungsbeteiligungen in Bundesländern sind blass, ihr Bundestagswahlkampf ist ohne erkennbare Dynamik, und ihre Spitzenkandidaten sind – selbst in der eigenen Wählerschaft – weitgehend unbekannt.

Eine Partei, die sich selbst zerlegt hat

Der entscheidende Schlag für Die Linke kam 2023, als Sahra Wagenknecht mit ihrem eigenen Bündnis die Partei verließ und dabei einen Großteil des linken Protestpotenzials mit sich nahm. Doch der Bruch mit Wagenknecht war kein isoliertes Ereignis, sondern das Resultat jahrelanger interner Kämpfe zwischen einem radikal-linken Lager, das sich an Identitäts- und Klimapolitik klammerte, und jenen, die eine realitätsnähere Sozialpolitik forderten. Die Partei hat sich nicht nur inhaltlich gespalten, sondern auch strategisch. Die einen wollten weiter als „Bewegungspartei“ auftreten, die anderen sahen den Untergang nahen.

Das Ergebnis? Ein chaotischer Laden ohne Führung, ohne klare Linie, ohne Strahlkraft. Die Linke verlor nicht nur prominente Köpfe, sondern auch ihre gesellschaftliche Verankerung. Während frühere Wahlerfolge auf einem soliden Fundament aus Gewerkschaften, ostdeutschen Protestwählern und sozial engagierten Milieus basierten, sind heute nur noch dogmatische Parteikader übrig, die sich lieber mit Gender-Debatten als mit realen sozialen Herausforderungen beschäftigen.

Führungsschwäche und Kanzlerkandidatur als Farce

Dass Die Linke überhaupt eine Kanzlerkandidatur aufstellt, ist angesichts der Umfragewerte von drei bis vier Prozent bestenfalls eine Realsatire. Jan van Aken als Spitzenkandidat ist ein blasser Apparatschik, der über keinerlei bundesweite Bekanntheit verfügt und kaum charismatische Zugkraft entwickelt. Heidi Reichinnek, die Co-Spitzenkandidatin, steht für einen dogmatischen Kurs, der die verbliebenen Wähler nicht erweitert, sondern eher weiter abschreckt.

Foto: Die Linke / Olaf Kostritz

Während die Grünen und die SPD wenigstens noch den Anspruch haben, Verantwortung zu übernehmen, verkommt Die Linke zu einer Nischenpartei für akademische Diskurszirkel. Eine Partei, die inhaltlich für mehr Umverteilung, weniger NATO und offene Grenzen eintritt, während sich das gesellschaftliche Klima in Richtung wirtschaftlicher Stabilität und Sicherheitsbedürfnisse verschiebt, hat jede Bodenhaftung verloren.

Wahlkampf ohne Resonanz

Der Wahlkampf der Linken ist nicht mehr als ein verzweifeltes Rufen aus dem politischen Off. Es fehlen neue Ideen, die Themen sind die immer gleichen: Mietendeckel, Reichensteuer, Kapitalismuskritik – doch die Wähler glauben längst nicht mehr daran, dass Die Linke realpolitisch irgendetwas bewegen könnte. Ihre frühere Kernwählerschaft – prekär Beschäftigte, Rentner, ostdeutsche Protestwähler – ist längst zur AfD oder dem BSW abgewandert. Die wenigen verbliebenen Stammwähler sitzen in urbanen Milieus, wo sie aber mit den Grünen konkurrieren – und gegen deren Professionalität einfach untergehen.

Die Partei setzt nun alles darauf, dass Altstars wie Gregor Gysi, Dietmar Bartsch oder Bodo Ramelow über Direktmandate das Überleben im Bundestag sichern. Doch das ist keine Strategie, sondern ein Notfallplan. Wenn sich eine Partei nicht mehr über Inhalte, sondern nur noch über die Popularität einzelner Politiker definiert, dann ist sie nicht mehr weit vom Abgrund entfernt.

Eine Partei, die keiner mehr braucht?

Die Linke ist nicht nur Opfer von Wagenknechts Abgang, sondern auch ihr eigener Totengräber. Sie hat sich selbst zerlegt, weil sie in den letzten Jahren vergessen hat, dass Wahlen nicht mit moralischer Überlegenheit, sondern mit glaubwürdigen Angeboten gewonnen werden. Während sie sich in den internen Kulturkämpfen zerrieben hat, haben andere – ob AfD, BSW oder sogar die SPD – ihre ehemaligen Wähler eingesammelt.

Die Bundestagswahl 2025 wird zeigen, ob Die Linke noch eine Zukunft hat oder ob sie den Weg der West-Linken in den 90er Jahren geht: als bedeutungsloser Splitterverein, der seine letzten Jahre als Bundestagsgruppe über Direktmandate fristet. Eines aber ist klar: Sollte sie erneut scheitern, wird daran nicht das Establishment, der Kapitalismus oder die Medien schuld sein – sondern ihr eigenes Versagen.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht: Populismus ohne Plan, Ideologie ohne Zukunft

Mit großem Getöse und dem Versprechen, „die einzig wahre Alternative“ zu sein, trat das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Anfang 2024 ins Rampenlicht. Doch was als Aufbruch verkauft wurde, entpuppt sich zunehmend als eine Ansammlung politischer Widersprüche, gesteuert von einer charismatischen, aber zutiefst opportunistischen Frontfrau und einer grauen Eminenz im Hintergrund, die ihre letzte große Bühne sucht. Das BSW ist weniger eine Partei als ein Wagenknecht-Lafontaine-Projekt – ein Experiment, das mehr an persönlichen Rechnungen als an echter Gestaltungsmacht interessiert ist.

Politisches Chamäleon oder Überzeugungstäterin?

Sahra Wagenknecht hat eine bemerkenswerte politische Reise hinter sich: Vom DDR-nostalgischen Kommunismus über wirtschaftsliberale Schlagseiten bis hin zu einer vermeintlich „bürgernahen“ Kapitalismuskritik. Doch eines zieht sich wie ein roter Faden durch ihre Karriere: die Inszenierung als Opfer eines korrupten Systems, das ihre Wahrheit nicht hören will. Sie stilisiert sich als einzige aufrechte Kämpferin gegen eine Elite, zu der sie längst selbst gehört.

Foto: Pressefoto / Olaf Blecker

Im Kern ist ihr Politikstil einfach: Je größer die Wut in der Bevölkerung, desto markiger ihre Sprüche. Sie fischt bewusst in trüben Gewässern, ob beim Thema Migration, Sozialpolitik oder Außenpolitik. Mal verteidigt sie Wladimir Putin als Opfer westlicher Aggressionen, mal fordert sie einen „gesunden Patriotismus“, um enttäuschte AfD-Wähler anzusprechen. Der ideologische Spagat, den sie dabei vollzieht, ist enorm: Links in der Wirtschaft, nationalkonservativ in der Gesellschaft, russlandfreundlich in der Außenpolitik. Ein Rezept, das keine langfristige Koalitionsfähigkeit verspricht – aber kurzfristig Aufmerksamkeit garantiert.

Die graue Eminenz mit altem Zorn

Jede große Polit-Inszenierung braucht ihren Strippenzieher – und beim BSW ist das zweifellos Oskar Lafontaine. Der ehemalige SPD-Chef und Mitbegründer der Linken hat sich in seiner Karriere vor allem durch eines ausgezeichnet: das Prinzip „verbrannte Erde“. Wer ihn kennt, weiß: Er geht nicht, er bricht. So war es mit der SPD, so war es mit der Linken, und nun droht das gleiche Schicksal auch dem BSW.

Lafontaine treibt Wagenknecht seit Jahren an, ihre eigene Partei zu gründen – nicht aus strategischer Weitsicht, sondern aus einem tief sitzenden Groll gegenüber allen, die ihn einst nicht nach seiner Pfeife tanzen ließen. Sein Einfluss auf das BSW ist dabei unübersehbar: scharfe Rhetorik, aggressiver Populismus und ein autoritärer Führungsstil, der Kritiker schnell ins Abseits stellt. Wer nicht mitspielt, ist raus – das hat Wagenknecht selbst oft genug in ihrer alten Partei demonstriert.

Eine Partei ohne Plan

Politisch ist das BSW ein Flickenteppich aus Protestthemen, die aber kaum zusammenpassen. In der Wirtschafts- und Sozialpolitik klingt es fast nach Linkspartei, bei Migration nach AfD, bei der Außenpolitik nach russischer Staatspropaganda. Was als „vernünftige Mitte“ verkauft wird, ist in Wahrheit eine politisch fragile Konstruktion, die ihre Wählerbasis zwischen ehemaligen Linken, frustrierten SPD-Anhängern und AfD-Protestwählern zusammensuchen muss.

Der größte Haken? Das Fehlen eines realistischen Regierungsplans. Wagenknecht redet viel über Fehler anderer, doch konkrete, umsetzbare Lösungen für komplexe Probleme liefert sie selten. Ihr Partei-Programm bleibt vage, oft ohne klare Antworten auf Finanzierungsfragen oder realistische Gesetzesvorhaben. Der Mythos, dass sie alles „anders und besser“ machen würde, bleibt genau das: ein Mythos.

Große Worte, wenig Substanz

Das BSW lebt aktuell von der Popularität seiner Gründerin. Doch Parteien, die nur um eine Person kreisen, haben eine begrenzte Halbwertszeit. Die AfD könnte das BSW gnadenlos kannibalisieren, die Linke bietet am äußeren Rand des Spektrums weiterhin eine Alternative, und die SPD wird sich kaum von einer einzigen charismatischen Figur dauerhaft bedrohen lassen. Langfristig bleibt die Frage: Was ist das BSW, wenn Wagenknecht keine Lust mehr hat? Und was passiert, wenn Lafontaine als ihr politischer Antreiber endgültig von der Bühne verschwindet?

Was als „Revolution“ begann, könnte sich schneller als das nächste gescheiterte Protestprojekt entpuppen – mit einem großen Knall, der nur eines hinterlässt: ein weiteres Trümmerfeld in der zersplitterten deutschen Parteienlandschaft.

Die AfD: Populismus, Radikalisierung und Widersprüche – Warum sie Erfolg hat und was das über die anderen Parteien sagt

Kaum eine Partei hat das politische Klima in Deutschland so nachhaltig verändert wie die Alternative für Deutschland (AfD). Was 2013 als eurokritisches Protestprojekt begann, ist mittlerweile eine rechtspopulistische Kraft mit stabiler Wählerschaft – und einem alarmierenden Einfluss auf den gesellschaftlichen Diskurs. Unter der Führung von Alice Weidel, die als Kanzlerkandidatin antritt, zeigt sich die Partei als eine Mischung aus kalkulierter Bürgerlichkeit, radikalem Kulturkampf und offener Anbiederung an rechtsextreme Strömungen.

Doch warum gelingt es der AfD, sich trotz Skandalen, Verfassungsschutzbeobachtung und parteiinterner Zerwürfnisse als ernstzunehmende politische Kraft zu etablieren? Und welche Verantwortung tragen die etablierten Parteien für diesen Erfolg?

Die AfD und der Angriff auf die politische Kultur

Die AfD hat eine einfache, aber effektive Strategie: Sie behauptet, die einzige echte Oppositionspartei zu sein. In einem Parlament, in dem sich die Regierungsparteien und die traditionelle Opposition – CDU/CSU und gelegentlich die Linke – oft auf bestimmte Grundwerte einigen, präsentiert sich die AfD als Gegenmodell. Ihre Botschaft: „Alle anderen sind Teil eines abgehobenen Systems – wir allein sprechen die Wahrheit aus.“

Diese Strategie führt zu einem fundamentalen Verlust politischer Kultur. Während frühere Oppositionsparteien zwar harte Debatten führten, aber dennoch das demokratische Spielfeld respektierten, lebt die AfD von der ständigen Delegitimierung des politischen Gegners. Parlamentarische Arbeit wird nicht als demokratischer Prozess verstanden, sondern als Bühne für kalkulierte Provokationen. Ob Diffamierungen gegen politische Gegner, die Verbreitung von Verschwörungstheorien oder die offene Anbiederung an extrem rechte Kreise – die AfD hat sich längst von einem konstruktiven Politikverständnis verabschiedet.

Das Ergebnis: Eine zunehmend vergiftete politische Atmosphäre, in der sich andere Parteien und Medien gezwungen sehen, auf die Provokationen der AfD zu reagieren – und damit genau das Spiel spielen, das die Partei will.

Was die AfD wirklich will

Offiziell gibt sich die AfD als Stimme der „normalen Bürger“. Doch ein Blick auf ihre Politik zeigt eine Partei voller Widersprüche:

  • Sozialpolitik: Die AfD stellt sich als Partei der kleinen Leute dar – lehnt aber Mindestlohnerhöhungen und Sozialprogramme ab. Rentenkonzepte bleiben vage, und wirtschaftspolitisch setzt die Partei auf neoliberale Ansätze, die gerade sozial schwächere Wähler hart treffen würden.
  • Wirtschaftspolitik: Während die AfD Protektionismus und eine angebliche „Entfesselung der deutschen Wirtschaft“ propagiert, lehnt sie den Green Deal der EU sowie Klimaschutzmaßnahmen ab, die für zukunftsorientierte Industrien entscheidend wären.
  • Außenpolitik: Die AfD vertritt einen pro-russischen Kurs, spricht sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine aus und fordert eine stärkere Annäherung an Moskau. Gleichzeitig wirbt sie für eine harte nationale Interessenpolitik, die mit ihrer Schwächung der EU-Mitgliedschaft Deutschlands nicht in Einklang steht.
  • Migration und Gesellschaft: Die AfD fordert drastische Einschränkungen bei der Migration, spricht offen von „Remigration“, was in bestimmten Kontexten als euphemistische Umschreibung für Massenabschiebungen verstanden wird, und attackiert regelmäßig Minderheiten. Gleichzeitig rekrutiert sie gezielt konservative Migranten für ihre Partei – ein Widerspruch, der zeigt, dass es ihr eher um Stimmungsmache als um konsistente Konzepte geht.

Die AfD-Kanzlerkandidatin zwischen Inszenierung, Widersprüchen und Provokation

Alice Weidel gibt sich als wirtschaftlich versierte, kühle Strategin, die der AfD ein bürgerliches Image verleiht. Doch hinter der Fassade verbirgt sich eine Politikerin, die mit gezielten Provokationen, ideologischen Widersprüchen und inszenierten Tabubrüchen spielt. Während sie sich als „vernünftige“ Stimme der Partei inszeniert, treibt sie eine Rhetorik voran, die demokratische Grundwerte herausfordert und historische Fakten verdreht.

Foto: AfD

In einem aufsehenerregenden Interview mit Elon Musk behauptete Weidel, Adolf Hitler sei ein Kommunist gewesen – eine Aussage, die so historisch falsch wie kalkuliert provokant ist. Der renommierte Historiker Andreas Wirsching wies die Behauptung als „absurd“ zurück und erinnerte daran, dass Hitler ein radikaler Antikommunist war, der die Linke politisch und physisch brutal verfolgte. Doch Fakten spielen für Weidel keine Rolle – es geht um die Verschiebung des Sagbaren, um Reizpunkte zu setzen, die in bestimmten Wählerkreisen verfangen.

Solche Aussagen sind kein Zufall, sondern Teil der AfD-Strategie: Aufmerksamkeit um jeden Preis. Eine Falschbehauptung sorgt für mediale Empörung, hält die Partei in den Schlagzeilen und mobilisiert ihre Anhänger. Dass Weidel dies auf einer Plattform wie X tut – moderiert von Elon Musk, der immer offener mit rechtspopulistischen Strömungen flirtet – unterstreicht die internationale Vernetzung der AfD und ihr Bestreben, sich als Teil eines globalen „Anti-Establishment“-Blocks zu präsentieren.

Alice Weidel lebt von ihrer Doppelstrategie: Sie trägt den Maßanzug einer seriösen Politikerin, während sie radikale Inhalte streut, die von anderen in der Partei offener vertreten werden. Offiziell distanziert sie sich von rechtsextremen Strömungen, in der Praxis verteidigt sie jedoch den AfD-Flügel um Björn Höcke, der inzwischen als gesichert rechtsextrem eingestuft wird. Ihr Kalkül: Die Radikalen nicht verprellen, aber gleichzeitig für bürgerliche Protestwähler wählbar bleiben.

Dieses Spiel mit der Ambivalenz zeigt sich auch in ihrem Privatleben: Weidel lebt in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft mit einer Schweizerin sri-lankischer Herkunft – während ihre Partei eine rigide konservative Familienpolitik vertritt und LGBTQ-Rechte immer wieder in Frage stellt. Die AfD fordert „Remigration“ und hetzt gegen „Überfremdung“, doch Weidel zieht ihre Kinder mit einer Migrantin auf. Wäre sie nicht Weidel, sondern eine unbekannte gleichgeschlechtlich lebende Migrantin, wäre sie exakt die Person, gegen die ihre Partei Politik macht.

Provokation als Prinzip

Weidels Wahlkampf ist von kalkulierten Tabubrüchen geprägt. In einer Talkrunde sprach sie kürzlich von Deutschland als „Sklavenstaat“ der USA und forderte die Wiedereinführung der D-Mark. Solche Aussagen lassen keine realpolitische Strategie erkennen – sie bedienen Sehnsüchte eines radikalisierten Teils der Wählerschaft, der sich nach einer vermeintlich „starken“ Nation und einem Bruch mit westlichen Bündnissen sehnt.

Ein weiteres Kapitel ihrer bizarren Wahlkampftour spielte sich in Hamburg ab: Nach einer Rede im Rathaus versuchte sie, in einem Luxushotel unter falschem Namen einzuchecken – ein Vorfall, der für Schlagzeilen sorgte. Ob aus Angst vor öffentlicher Aufmerksamkeit oder einem fehlgeleiteten Sinn für Exklusivität – die Episode wirft Fragen über Weidels Umgang mit Transparenz und öffentlicher Verantwortung auf.

Die AfD in der Musk-Ära

Weidels Gespräch mit Elon Musk, in dem sie von ihm als „führende Kanzlerkandidatin“ vorgestellt wurde, zeigt, wie geschickt sie internationale Plattformen nutzt, um sich als vermeintlich ernstzunehmende Alternative zu präsentieren. Musk selbst bezeichnete die AfD als „gesunden Menschenverstand“ – eine Normalisierung der Partei durch einen Tech-Milliardär, der immer stärker mit rechten Bewegungen sympathisiert.

Weidel ließ den Irrtum über ihre Rolle unwidersprochen – weil es ihr in die Strategie passt. Sie weiß, dass eine internationale Bühne wie X ihr hilft, Wähler zu erreichen, die sich von klassischen Medien abwenden. Während die CDU noch über TikTok-Strategien diskutiert, ist Weidel längst dort, wo ihr Publikum ist: in den Echokammern der sozialen Netzwerke, wo Narrative oft wichtiger sind als Fakten.

Ein kontrollierter Drahtseilakt

Alice Weidel ist keine spontane Populistin – sie ist eine kalkulierende Ideologin, die genau weiß, wie sie sich positionieren muss. Ihre Widersprüche sind keine Schwäche, sondern eine bewusste Strategie. Sie bietet bürgerlichen Protestwählern eine „seriöse“ Alternative, während sie sich gleichzeitig radikalen Strömungen nicht entfremdet.

Ob dieser Drahtseilakt hält, ist fraglich. Doch eines ist klar: Weidel wird weiterhin die Grenzen des politischen Diskurses testen – bis sie dort angekommen ist, wo die AfD immer hinwollte.

Warum hat die AfD trotzdem Erfolg? Die Fehler der anderen Parteien

Die AfD wäre nicht so stark, wenn die etablierten Parteien nicht jahrelang die Bedingungen geschaffen hätten, unter denen Populismus gedeihen kann. Drei zentrale Fehler stechen dabei hervor:

  1. Der Vertrauensverlust in die Regierungsparteien
    Die Ampelregierung hat mit Krisenbewältigung, internen Streitereien und Kommunikationschaos Vertrauen verspielt. Besonders die FDP, die sich in der Koalition als reiner Blockierer positionierte, und die Grünen, die ihre ökologischen Ziele nicht mit sozialer Verträglichkeit vermittelten, haben die politische Mitte geschwächt. Viele Wähler fühlen sich schlicht nicht mehr repräsentiert – und wenden sich dann der AfD zu.
  2. Die strategische Orientierungslosigkeit der Union
    Die CDU unter Friedrich Merz hat sich zwischen Abgrenzung und Anbiederung an AfD-Themen verheddert. Einerseits warnt Merz vor einer „Linksrutsch“-Regierung, andererseits nimmt er AfD-Rhetorik in Migrationsfragen auf. Dieses Hin und Her macht die CDU für viele unattraktiv – und treibt konservative Wähler endgültig zur AfD.
  3. Der moralische Hochmut der AfD-Gegner
    Statt die AfD politisch zu stellen, setzen viele Parteien und Medien auf moralische Empörung. Zwar sind klare Kante und Abgrenzung notwendig, doch oft bleibt es bei moralisierenden Appellen, ohne dass echte Lösungen für die Probleme angeboten werden, die AfD-Wähler umtreiben.

Die AfD ist ein Symptom – nicht die Ursache der Krise

Die AfD profitiert von einer gespaltenen Gesellschaft, von einer Regierung, die wenig Vertrauen genießt, und von einer Opposition, die sich nicht klar positioniert. Sie lebt von ihrer destruktiven Strategie, die die politische Kultur vergiftet, und von einer Kanzlerkandidatin, die bürgerlich wirkt, aber radikal handelt.

Doch am Ende ist die AfD kein Phänomen, das aus dem Nichts kommt – sie ist das direkte Ergebnis einer Politik, die zu lange zu selbstbezogen, zu abgehoben und zu strategielos agiert hat. Wer die AfD schwächen will, braucht deshalb nicht nur klare Abgrenzung, sondern muss den Bürgern endlich wieder echte, greifbare Antworten liefern. Sonst bleibt die AfD eine Kraft, die weiterhin die Demokratie unter Druck setzt – mit ungewissem Ausgang.

Ein zerrissenes Land, eine gespaltene Politik – und eine Zukunft, die Zusammenarbeit erfordert

Deutschland steht vor einer historischen Belastungsprobe. Die wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen sind gewaltig: Knapper Wohnraum, explodierende Mieten, steigende Lebenshaltungskosten, hohe Energiepreise, eine schrumpfende Industrie, Rezession und schwindende Zukunftsaussichten für breite Teile der Gesellschaft. Hinzu kommt eine geopolitische Unsicherheit, die sich durch die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten weiter verschärft. Die Angst vor internationaler Destabilisierung wächst, während das Vertrauen in die eigene Politik schwindet.

In dieser Gemengelage liefern sich die politischen Parteien keine Debatte über Lösungen, sondern einen permanenten Schlagabtausch. Es geht nicht mehr darum, wie man die Krise bewältigt, sondern nur noch darum, wer sie wem in die Schuhe schieben kann. Die Ampelkoalition ist am eigenen Chaos zerbrochen, die CDU taumelt zwischen Anpassung an die AfD-Rhetorik und dem Versuch, seriöse Opposition zu bleiben, die FDP hat sich selbst zerlegt, die Linke versinkt in der Bedeutungslosigkeit, das BSW betreibt eine bizarre Mischung aus linkem Etatismus und rechtem Kulturkampf – und die AfD gewinnt vor allem deshalb, weil alle anderen sich gegenseitig blockieren.

Die perfekte Bühne für Populisten

Historisch betrachtet sind Krisenzeiten die Hochzeiten für Populisten und Demagogen. Wenn die Menschen den Eindruck haben, dass „die da oben“ nur noch mit sich selbst beschäftigt sind, wächst der Wunsch nach vermeintlich einfachen Lösungen. Die AfD verspricht eine „Remigration“, die rechtlich kaum umsetzbar ist. Das BSW will mit „vernünftiger Politik“ punkten, bleibt aber genauso vage, wenn es um konkrete Maßnahmen geht. Und alle anderen? Sie haben ihre eigene Glaubwürdigkeit verspielt.

Die AfD nutzt diese Unsicherheit mit ihrem populistischen Kulturkampf. Sie verspricht „Remigration“, Abschottung und ein nationalistisches Deutschland – ohne eine realistische Vorstellung, wie das wirtschaftlich funktionieren soll. Das BSW von Wagenknecht setzt auf eine Mischung aus linken Sozialversprechen und rechter Migrationsrhetorik – doch auch hier bleibt unklar, wie beides zusammenpassen soll. Die FDP, einst wirtschaftsliberal, hat sich in der Ampel als Blockierer inszeniert und am Ende nicht mehr verhindert als ihre eigene Glaubwürdigkeit. Die Grünen haben sich mit einer gescheiterten Energiewende und elitärem Moralismus selbst in die Ecke gedrängt. Die SPD steckt in der tiefsten Krise ihrer Geschichte – geführt von einem Kanzler, der eher verwaltet als führt. Und die Union? Sie schwankt zwischen Merkel-Erbe und Rechtsruck und ist sich selbst nicht sicher, wohin sie eigentlich will.

In dieser Gemengelage verliert die Demokratie, weil ihre Repräsentanten nicht mehr gemeinsam für das große Ganze handeln, sondern nur noch taktieren, blockieren und spalten.

Trump und das Ende der transatlantischen Sicherheit?

Die Unsicherheit wird zusätzlich durch den Sieg Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen 2024 befeuert. Trumps jüngste Äußerungen über die NATO und die EU sind eine direkte Bedrohung für Europas Sicherheitsarchitektur. Er drohte erneut, dass Europa ohne die USA auf sich allein gestellt sei und bezeichnete die Europäische Union als wirtschaftlichen Gegner, den er mit Zöllen belegen wolle. Was überwiegend Ablenkung von innenpolitischen Problemen der USA ist, könnte für Europa den Beginn einer neuen geopolitischen Realität bedeuten: weniger Schutz durch Washington, mehr Druck durch Moskau, eine fragile Balance in den internationalen Beziehungen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron reagierte mit einem Appell an Europa, endlich strategische Autonomie zu entwickeln, doch innerhalb der EU gibt es keine Einigkeit darüber, wie man mit dieser Herausforderung umgehen soll. Deutschland, ohnehin geschwächt durch innenpolitische Turbulenzen, hat keine klare Linie – und die Parteien verharren in ihrer üblichen Reflexpolitik.

Die demokratischen Parteien müssen Verantwortung übernehmen

Deutschland kann sich dieses politische Klein-Klein nicht länger leisten. Die Lage ist zu ernst, die Herausforderungen zu groß, um weiterhin Energie in parteipolitische Grabenkämpfe zu verschwenden. Die Parteien der demokratischen Mitte – und dazu gehören trotz aller Differenzen SPD, CDU/CSU, FDP und die Grünen – müssen einen Brugfrieden schließen.

Statt sich gegenseitig zu attackieren, sollten sie eine Art demokratischen Pakt eingehen, der sich über Legislaturperioden hinweg erstreckt. Ein gemeinsames Fundament für eine stabile Wirtschaftspolitik, für eine sozial verträgliche Energiewende, für einen klaren, aber humanen Kurs in der Migrationsfrage. Nicht jeder muss mit jedem regieren – aber es muss ein Konsens geben, dass die Lösung von Krisen wichtiger ist als der parteipolitische Vorteil.

Die Alternative? Eine weitere Radikalisierung, eine weitere Entfremdung der Bürger von der Politik, eine zunehmende Instabilität. Doch Deutschland kann sich keinen Stillstand mehr leisten. Wir brauchen kein Gegeneinander, sondern ein Miteinander.

Es ist Zeit für Verantwortung – und für die Einsicht, dass wir die Krisen dieses Jahrzehnts nur gemeinsam und geeint bewältigen können.