Friedrich Merz: Populistische Parolen statt Lösungen
Friedrich Merz will Bundeskanzler werden und inszeniert sich als starke Führungspersönlichkeit, die klare Entscheidungen trifft und Probleme löst. Doch bei genauer Betrachtung offenbaren seine Aussagen, dass sie oft faktenwidrig, populistisch oder zumindest fragwürdig sind. Ein Kanzlerkandidat muss nicht nur moralisch integer sein, sondern auch Regierungsfähigkeit und Eignung beweisen. Die Zweifel an Friedrich Merz sind berechtigt.
„Ich werde nötigenfalls per Richtlinienkompetenz die illegale Einreise stoppen“
Friedrich Merz’ Aussage klingt auf den ersten Blick entschlossen, ist jedoch inhaltlich irreführend. Die illegale Einreise ist in Deutschland längst strafbar und wird durch § 95 des Aufenthaltsgesetzes klar geregelt. Das unerlaubte Betreten des deutschen Staatsgebiets ist eine Straftat, die mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Es gibt daher kein juristisches oder legislatives Vakuum, das Merz’ Vorschlag erforderlich machen würde.
Zudem zeigt die Forderung, dies per „Richtlinienkompetenz“ durchzusetzen, ein fundamentales Missverständnis der rechtlichen Rahmenbedingungen. Die Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers nach Art. 65 Grundgesetz beschränkt sich auf die Leitung und Koordination innerhalb der Bundesregierung. Sie erlaubt es nicht, neue Gesetze zu schaffen oder bestehende Gesetze zu ändern. Merz erweckt jedoch den Eindruck, er könne auf diesem Weg ein Problem lösen, das auf anderen Ebenen liegt – ein rhetorischer Trick, der einfache Antworten auf komplexe Herausforderungen vorgaukelt.
Das tatsächliche Problem in der Migrationspolitik liegt nicht in der Gesetzeslage, sondern in der Umsetzung – vor allem bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber. Hier zeigt sich, dass Deutschland auf funktionierende Rückführungsabkommen mit den Herkunftsländern angewiesen ist. Doch solche Abkommen sind oft unzureichend oder fehlen vollständig.
Länder wie Spanien haben gezeigt, wie erfolgreiche bilaterale Vereinbarungen aussehen können. Madrid konnte durch gezielte Abkommen mit Marokko und weiteren afrikanischen Staaten die Zahl der Rückführungen deutlich erhöhen und gleichzeitig Unterstützung für die Herkunftsländer leisten. Diese Modelle könnten auch für Deutschland Vorbildcharakter haben, doch Friedrich Merz lässt solche Ansätze in seinen Forderungen außer Acht.
Anstatt auf europäische oder bilaterale Lösungen hinzuarbeiten, konzentriert sich Merz auf symbolische Forderungen, die weder den Kern des Problems ansprechen noch praktikabel sind. Seine Aussage lenkt von den eigentlichen Herausforderungen ab – der fehlenden europäischen Einigung und der Notwendigkeit, nachhaltige Rückführungsmechanismen zu schaffen, die sowohl rechtlich als auch diplomatisch verankert sind.
Ein Kanzlerkandidat sollte nicht nur juristische und politische Realitäten kennen, sondern auch den Mut haben, nachhaltige Lösungen zu fördern, anstatt populistische Forderungen zu stellen, die letztlich wirkungslos bleiben. Friedrich Merz bleibt eine Antwort darauf schuldig, wie er diese Herausforderungen konkret angehen würde.
Rechtspopulistische Narrative und Annäherung an die AfD
„Wir erleben mittlerweile einen Sozialtourismus dieser Flüchtlinge nach Deutschland, zurück in die Ukraine, nach Deutschland, zurück in die Ukraine“
Friedrich Merz' Aussage aus dem Jahr 2022, ukrainische Geflüchtete würden „Sozialtourismus“ betreiben, löste breite Empörung aus und wurde von vielen Seiten als pauschalierend und diskriminierend kritisiert. Innenministerin Nancy Faeser bezeichnete die Wortwahl als „schäbig“, während zahlreiche Experten und Politiker betonten, dass diese Behauptung jeder Grundlage entbehrt. Merz selbst entschuldigte sich später für seine Äußerung, doch der Vorwurf, er bediene sich rechtspopulistischer Narrative, bleibt bestehen.
Studien und Statistiken zeichnen ein völlig anderes Bild: Laut einer Erhebung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) trägt der Großteil der ukrainischen Geflüchteten aktiv zur deutschen Gesellschaft und Wirtschaft bei. Bereits 2023 waren knapp 60 Prozent der erwerbsfähigen Ukrainer in Deutschland entweder in Arbeit, Ausbildung oder Weiterbildungsprogrammen eingebunden. Besonders bemerkenswert ist, dass viele ukrainische Frauen, die mit ihren Kindern nach Deutschland geflüchtet sind, trotz schwieriger Umstände rasch den Einstieg in den Arbeitsmarkt geschafft haben.
Zudem zeigt eine Studie der Bundesagentur für Arbeit, dass ukrainische Geflüchtete überdurchschnittlich gut qualifiziert sind. Rund 70 Prozent von ihnen verfügen über eine abgeschlossene Berufsausbildung oder ein Studium, was ihnen den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erleichtert. Diese Qualifikationen tragen nicht nur zur Fachkräftesicherung bei, sondern stärken auch langfristig die Wirtschaftskraft Deutschlands.
Die Behauptung von Merz, Geflüchtete würden das Sozialsystem ausnutzen, wird durch diese Zahlen eindeutig widerlegt. Stattdessen zeigt sich, dass die meisten Schutzsuchenden in kurzer Zeit selbstständig werden und aktiv zur Gesellschaft beitragen. Diese Fakten verdeutlichen, wie falsch und gefährlich pauschale Aussagen wie „Sozialtourismus“ sind, da sie Vorurteile schüren und den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden.
Eine differenzierte Betrachtung der Lage von Geflüchteten ist notwendig, um die Herausforderungen und Chancen der Migration realistisch einzuschätzen. Während Integration und Arbeitsmarktanbindung zentral sind, zeigt das Beispiel der ukrainischen Geflüchteten, wie wichtig gezielte Fördermaßnahmen und pragmatische Lösungen für erfolgreiche Integration sind. Friedrich Merz verkennt diese Realität, wenn er mit solchen Aussagen politische Stimmungsmache betreibt, die weder den Fakten noch den Werten einer verantwortungsvollen Politik entsprechen.
„AfD mit Substanz“
Die Aussage von Friedrich Merz, die CDU sei eine „AfD mit Substanz“, sorgte 2023 für breite Empörung – sowohl in der Öffentlichkeit als auch innerhalb der CDU. Kritiker warfen Merz vor, mit dieser Wortwahl die Grenze zwischen der CDU und der AfD rhetorisch zu verwischen. Der frühere Generalsekretär der CDU, Peter Tauber, bezeichnete die Äußerung als „fatalen Tabubruch“ und warnte vor einer Annäherung an rechtspopulistische Narrative, die nicht nur das Profil der CDU verwässern, sondern auch deren Glaubwürdigkeit und Integrität untergraben könnten.
Diese Äußerung stellt einen deutlichen Bruch mit der bisherigen Strategie der CDU dar, sich klar von der AfD abzugrenzen. Seit der Gründung der AfD 2013 hatte die CDU unter Angela Merkel stets betont, dass es keine Zusammenarbeit mit der rechtspopulistischen Partei geben werde. Diese Abgrenzung war nicht nur ein moralischer Grundsatz, sondern auch ein politisches Signal, die Werte der demokratischen Mitte zu verteidigen.
Die klare Trennung von der AfD hat historische Wurzeln: Die CDU positionierte sich stets als Volkspartei der Mitte, die den gesellschaftlichen Ausgleich suchte und sowohl konservative als auch liberale und christlich-soziale Wähler ansprach. Indem Merz diese Grenze rhetorisch verwischt, riskiert er, die CDU für rechtspopulistische Narrative zu öffnen – ein Schritt, der potenziell die gemäßigte Stammwählerschaft entfremden und die politische Mitte weiter destabilisieren könnte.
Die Auswirkungen solcher Aussagen sind nicht nur symbolisch, sondern auch strategisch gefährlich. Beispiele aus anderen europäischen Ländern wie Frankreich und Österreich zeigen, dass etablierte Parteien, die sich rechtspopulistischen Bewegungen annähern, langfristig an Glaubwürdigkeit und Wählerunterstützung verlieren. In Frankreich etwa verlor die konservative Partei „Les Républicains“ an Einfluss, nachdem sie versuchte, Wähler der rechtsextremen „Rassemblement National“ (ehemals Front National) für sich zu gewinnen. Stattdessen erstarkte die rechtsextreme Partei, während „Les Républicains“ ihre traditionelle Wählerschaft verlor.
Die Aussage von Merz steht daher im Widerspruch zu den Grundwerten der CDU und zu den Lehren aus der europäischen Politik. Indem er die CDU mit der AfD vergleicht, legitimiert er indirekt deren Positionen und erschwert den konstruktiven politischen Diskurs. Kritiker argumentieren, dass diese Rhetorik den politischen Diskurs in Deutschland weiter nach rechts verschieben könnte – eine Entwicklung, die die gesellschaftliche Spaltung vertiefen und rechtspopulistische Strömungen stärken würde.
Statt klare und lösungsorientierte Antworten auf zentrale gesellschaftliche Fragen wie Migration, soziale Gerechtigkeit oder den Klimawandel zu geben, setzt Merz mit solchen Aussagen auf Provokation und Polarisierung. Dies mag kurzfristig Aufmerksamkeit erzeugen, doch langfristig schwächt es das Profil der CDU als Volkspartei der Mitte und gefährdet deren historische Rolle als stabilisierende Kraft in der deutschen Demokratie.
Instrumentalisierung von Tragödien
Friedrich Merz greift immer wieder tragische Einzelvorfälle auf, um migrationspolitische Forderungen zu untermauern. Nach der Messerattacke in Aschaffenburg, bei der ein afghanischer Asylbewerber zwei Menschen tötete, und dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt im Dezember 2024, bei dem ein Täter mit Migrationshintergrund fünf Menschen tötete, reagierte Merz prompt mit Forderungen nach schärferen Grenzkontrollen und schnelleren Abschiebungen. Solche Reaktionen folgen einem klaren Muster: Sie zielen darauf ab, die öffentliche Betroffenheit nach solchen Vorfällen für politische Forderungen zu nutzen.
Doch Statistiken des Bundeskriminalamts (BKA) zeigen ein anderes Bild. Gewaltverbrechen durch Zuwanderer sind Einzelfälle und machen einen vergleichsweise kleinen Anteil aller in Deutschland begangenen Straftaten aus. Laut BKA liegt der Großteil der Gewaltverbrechen weiterhin bei deutschen Staatsbürgern. Auch internationale Studien weisen darauf hin, dass Migration allein kein signifikanter Treiber für Kriminalität ist. Vielmehr sind soziale Faktoren wie Bildung, Integration und Stabilität im Lebensumfeld entscheidend. Eine mangelhafte soziale Integration oder fehlende berufliche Perspektiven können zu erhöhtem Konfliktpotenzial führen – unabhängig von der Herkunft.
Ein Blick auf andere europäische Länder zeigt, wie solche Herausforderungen bewältigt werden können. In Schweden beispielsweise führte eine nationale Strategie für die Integration von Geflüchteten, die Bildung, Arbeitsmarktchancen und soziale Teilhabe kombiniert, zu einer nachweislichen Reduktion von Kriminalitätsrisiken. In den Niederlanden wurde ein ähnliches Modell umgesetzt, das gezielte Präventionsmaßnahmen mit kommunalen Unterstützungsprogrammen verbindet. Diese Ansätze könnten auch für Deutschland Vorbildcharakter haben, doch solche Konzepte finden in der Rhetorik von Friedrich Merz kaum Beachtung.
Kritiker werfen Merz vor, durch die Fokussierung auf die Herkunft der Täter eine pauschale Stigmatisierung von Zuwanderern zu betreiben. Aussagen wie „Warum werden wir solche Leute nicht los?“ suggerieren einfache Lösungen, ignorieren jedoch die systemischen Ursachen und die Notwendigkeit langfristiger Ansätze. Diese Rhetorik schürt nicht nur Vorurteile, sondern verstärkt auch die gesellschaftliche Spaltung, indem sie Zuwanderer als Bedrohung darstellt.
Eine ernsthafte Diskussion über Sicherheit und Migration sollte sich auf Prävention und Integration konzentrieren. Soziale Stabilität, bessere Bildungschancen und der Zugang zum Arbeitsmarkt spielen dabei eine zentrale Rolle. Außerdem ist die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene entscheidend, um grenzüberschreitende Kriminalität zu verhindern und die sozialen Herausforderungen der Migration solidarisch zu bewältigen.
Friedrich Merz’ Strategie, Tragödien für politische Forderungen zu nutzen, mag kurzfristig mediale Aufmerksamkeit erzeugen, bleibt aber inhaltlich oberflächlich. Sie trägt weder zur Lösung der komplexen Probleme bei, noch adressiert sie die wahren Ursachen von Kriminalität. Statt populistischer Rhetorik sind differenzierte und faktenbasierte Ansätze notwendig, um gesellschaftliche Herausforderungen nachhaltig zu bewältigen.
Fehlende Regierungserfahrung
Friedrich Merz hebt sich von vielen seiner Vorgänger in einer zentralen Frage ab: Er hat keinerlei Erfahrung in exekutiven Regierungsämtern. Anders als Angela Merkel, die vor ihrer Kanzlerschaft als Bundesministerin und Fraktionsvorsitzende umfassende Regierungsverantwortung trug, oder Olaf Scholz, der als Vizekanzler und Finanzminister nationale wie internationale Krisen managte, verfügt Merz ausschließlich über Erfahrung im Bundestag und in der Privatwirtschaft. Diese fehlende exekutive Erfahrung könnte in Zeiten globaler Krisen erhebliche Probleme verursachen.
Der Unterschied zwischen legislativer und exekutiver Verantwortung ist nicht trivial. Während die Legislative Vorschläge diskutiert und verabschiedet, liegt die exekutive Verantwortung in der konkreten Umsetzung dieser Politik – eine Aufgabe, die pragmatische Entscheidungen, diplomatische Verhandlungsgeschick und die Fähigkeit zur Krisenbewältigung erfordert. Exekutive Führungspersonen müssen nicht nur Entscheidungen treffen, sondern diese auch durch eine komplexe bürokratische Maschinerie manövrieren, Widerstände überwinden und auf internationaler Ebene vertreten können. Friedrich Merz’ bisherige politische Laufbahn lässt Zweifel aufkommen, ob er dieser Herausforderung gewachsen ist.
Diese Fragen werden besonders dringlich, wenn man den geopolitischen Kontext betrachtet. Die Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus im Jahr 2025 hat die internationale Politiklandschaft bereits erheblich verändert. Trumps „America First“-Agenda und sein potenzieller Rückzug aus multilateralen Abkommen könnten Europa vor völlig neue Herausforderungen stellen, etwa in den Bereichen Sicherheit, Handel und Klimaschutz. Eine deutsche Bundesregierung wird in dieser Lage nicht nur strategische Entscheidungen treffen müssen, sondern auch Führungsstärke zeigen, um innerhalb der EU eine gemeinsame Linie zu sichern. Ob Friedrich Merz diese Rolle ausfüllen kann, ist fraglich.
Gleichzeitig wird die zunehmende Dominanz Chinas zu einem immer drängenderen Thema. Der Konflikt um Taiwan könnte eskalieren, was Europa in eine geopolitische Zwickmühle bringen würde. Die EU müsste eine Balance zwischen wirtschaftlichen Interessen – angesichts der Abhängigkeit von chinesischen Lieferketten – und sicherheitspolitischer Verantwortung gegenüber demokratischen Partnern wie Taiwan finden. Hier sind diplomatisches Geschick und Erfahrung in internationalen Beziehungen unerlässlich. Merz, der bislang keine außenpolitische Expertise oder umfassende Erfahrung in multilateralen Verhandlungen nachweisen kann, bleibt auch hier Antworten schuldig.
Seine bisherigen politischen Äußerungen zeigen ein Muster von vereinfachten Lösungen, die oft keine Umsetzbarkeit aufzeigen. Dies wurde etwa in seiner Forderung deutlich, die „illegale Einreise per Richtlinienkompetenz zu stoppen“ – ein Vorschlag, der die rechtlichen Grenzen der Richtlinienkompetenz ignoriert und die Komplexität der europäischen Asylpolitik völlig außer Acht lässt. In einer Zeit, in der die Welt von multiplen Krisen geprägt ist – von geopolitischen Spannungen bis hin zu Klimawandel und Digitalisierung – wirken solche simplifizierten Vorschläge wenig vertrauenswürdig.
Die Anforderungen an eine exekutive Führungskraft gehen weit über das hinaus, was Friedrich Merz bisher gezeigt hat. Ein Kanzler muss nicht nur Visionen entwickeln, sondern diese auch durch belastbare Strategien und kluge Diplomatie umsetzen können. Während Deutschland vor globalen Herausforderungen steht, die eine erfahrene und belastbare Führung erfordern, wirft Merz’ fehlende Regierungserfahrung die Frage auf, ob er dieser Verantwortung gewachsen ist – oder ob seine Kandidatur mehr von populistischen Parolen als von substanziellem Gestaltungswillen geprägt ist.
Europäische Zusammenarbeit statt populistischer Forderungen
Die Herausforderungen der europäischen Migrationspolitik liegen nicht in nationalen Maßnahmen, sondern in der strukturellen Dysfunktion der EU-weiten Zusammenarbeit. Die Dublin-Verordnung verpflichtet das Erstaufnahmeland, Asylanträge zu bearbeiten und gegebenenfalls abgelehnte Asylbewerber zurückzunehmen. Doch die praktische Umsetzung scheitert immer wieder. Länder wie Italien, Griechenland oder Ungarn blockieren Rückführungen systematisch, während Länder wie Deutschland, Schweden und Frankreich die Hauptlast tragen.
Laut einer Studie der Europäischen Kommission aus 2024 wurden nur 21 Prozent aller Rückführungsbescheide in der EU tatsächlich umgesetzt. In Deutschland lag die Quote bei etwa 10 Prozent – das bedeutet, dass von mehr als 50.000 abgelehnten Asylbewerbern nur etwa 5.000 zurückgeführt wurden. Der bürokratische Aufwand ist enorm: Jeder Rückführungsversuch kostet den deutschen Staat im Schnitt zwischen 5.000 und 10.000 Euro. Diese Kosten steigen bei komplizierten Fällen, etwa wenn Herkunftsländer wie Afghanistan, Pakistan oder Syrien die Rücknahme verweigern oder keine gültigen Dokumente ausstellen.
Hinzu kommt, dass die EU selbst kaum Druckmittel hat, um die Einhaltung der Dublin-Verordnung durchzusetzen. Länder wie Italien oder Griechenland argumentieren, dass die ungleiche Verteilung von Geflüchteten an den Außengrenzen der EU sie überfordert. Solange es keine gemeinsame Strategie gibt, bleibt die Rückführung ineffizient und teuer.
Friedrich Merz konzentriert sich jedoch auf nationale Forderungen, die diese systemischen Probleme ignorieren. Seine Vorschläge, schärfere Grenzkontrollen und schnellere Abschiebungen einzuführen, bieten keine Lösung für die tatsächlichen Hindernisse. Nationale Alleingänge verschärfen vielmehr die Spannungen innerhalb der EU, ohne die Herausforderungen langfristig zu bewältigen.
Dabei gibt es erfolgreiche Modelle, die zeigen, wie Rückführungen und Integration kombiniert werden können. Spanien hat durch bilaterale Abkommen mit Marokko und weiteren nordafrikanischen Staaten nicht nur die Rückführungsquote erhöht, sondern auch die illegale Migration durch Kooperation und Wirtschaftsförderung reduziert. Diese Abkommen beinhalten Unterstützung für Bildung, Infrastruktur und den Arbeitsmarkt der Herkunftsländer, wodurch Fluchtursachen gezielt bekämpft werden. Portugal wiederum hat durch flexible Arbeitsvisa und gezielte Integrationsmaßnahmen gezeigt, wie Migration nicht als Last, sondern als Chance genutzt werden kann.
Ein weiterer zentraler Punkt ist die Kosten-Nutzen-Rechnung einer ineffizienten Rückführungspolitik. Der jährliche Gesamtaufwand für nicht umgesetzte Rückführungen in der EU liegt laut Eurostat bei etwa 2,5 Milliarden Euro. Diese Summe umfasst nicht nur Rückführungskosten, sondern auch die Kosten für Unterbringung, Rechtsstreitigkeiten und Verwaltungsverfahren. Die fehlende Zusammenarbeit innerhalb der EU sorgt somit nicht nur für humanitäre Probleme, sondern auch für massive wirtschaftliche Belastungen.
Friedrich Merz hat bislang keine Vorschläge gemacht, wie Deutschland gemeinsam mit anderen EU-Staaten diese Herausforderungen angehen könnte. Die Notwendigkeit von Reformen der Dublin-Verordnung und von stärkeren Rückführungsabkommen mit Herkunftsländern wird in seiner Rhetorik ausgeblendet. Stattdessen setzt er auf symbolische Maßnahmen, die schnelle Lösungen suggerieren, aber keine nachhaltigen Fortschritte bringen.
Der Vergleich mit erfolgreichen Ländern wie Spanien oder Portugal zeigt, dass Migration und Rückführungen nur durch Kooperation und strategische Investitionen in die Herkunftsländer bewältigt werden können. Eine gemeinsame europäische Politik, die Solidarität und Verantwortung miteinander verbindet, ist der Schlüssel zu einer nachhaltigen Migrationsstrategie. Solche Ansätze erfordern jedoch politischen Mut und Weitsicht – Eigenschaften, die in den Forderungen von Friedrich Merz bislang nicht zu erkennen sind.
Appell an die Wähler
Ein Kanzlerkandidat muss an seinen Worten, seinen Taten und seiner Eignung gemessen werden. Friedrich Merz’ Aussagen lassen Zweifel an seiner moralischen Integrität, seiner politischen Kompetenz und seiner Regierungserfahrung aufkommen. Deutschland braucht in Zeiten der Krise keine populistischen Vereinfacher, sondern Führungspersönlichkeiten, die mit Mut, Anstand und Weitsicht handeln.
Es liegt an den Wählern, diese Entscheidungen mit Bedacht zu treffen. Fragen Sie sich: Sind die Kandidaten ehrlich? Haben sie die nötige Erfahrung? Und handeln sie uneigennützig im Interesse des Landes? Die Zukunft Deutschlands verlangt nach Klarheit und Verantwortungsbewusstsein – Täuscher, Populisten und Selbstdarsteller haben darin keinen Platz.